Sonntag, 11. November 2012

Ein philosophisches Fehlurteil und seine Folgen

Ein Artikel von Franziska Schneider aus der Zeitschrift ZEITENWENDE 2/2012 - gekürzt:

Überwiegend waren den Menschen im Mittelalter der Auffassung, das das Tier keinen Eigenwert besäße, sondern nur ein würdeloses Geschöpf war, das allein zum Nutzen des Menschen von Gott geschaffen wurde.
Es gab die religiöse  Begründung, dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen war und nur er die göttliche Eigenschaft der Vernunft besäße, die dem Tiere fehle.
Vernunft wurde gleichgesetzt mit der unsterblichen Seele der Menschen.
In Zeiten der Inquisition hätte niemand gewagt, diese Sonderstellung des Menschen anzuzweifeln.
Als sich die religiöse Vormachtstellung etwas löste, tauchte ein "großer Vordenker" auf, der heute noch als "Teufel der Tiere" bezeichnet wird. Es handelt sich um René Descartes.

"Ich denke, also bin ich" fürhte zu historischen Folgen für den Status der Tiere. Descartes ging davon aus, dass Tiere nicht denken können und daher keine Seele besitzen. Dass ein Lebewesen denken kann, verband er mit der Fähigkeit zu sprechen. Den tierischen Arten der Kommunikationsformen schenkte er keine Beachtung. Ein Tier kann nicht sprechen, also kann es nicht denken, also hat es keine Seele.

Er verglich sie mit Maschinen, die weder Schmerz, Angst, Trauer oder Glück empfinden können. Sie würden sich nach rein mechanischen Gesetzmäßigkeiten bewegen. So wenig Achtung wie man zB einem Uhrwerk schulde, schulde man Achtung einem Tier.

Descartes' fataler Irrglaube machte unter den Wissenschaftlern seiner Zeit schnell die Runde und öffnete dem Mißbrauch an den Tieren Tür und Tor. Für rund 250 Jahre wurden seine Behauptungen die Grundlage der Naturwissenschaften. Die Qual der Tiere wurde ohne Gewissensbisse ignoriert, weil sie angeblich mechanisch reagierten.

Das widerum öffente die Türen zu den heutigen Tierversuchen. Dass die Tiere dabei als geringwertiges Lebewesen betrachtet werden, macht sich auch heute noch in dem gefühllosen Fachvokabular der Vivisektoren deutlich. Ein Versuchstier wird als "Präparation" bezeichnet. Werden einem Tier die Augen zu Forschungszwecken entfernt, spricht man von einem "binokularen Ausfall".

Gerade in der Forschung hat sich seit René Descartes (1596 - 1650) nicht viel verändert.
Das ist unvorstellbares Tierleid, gerechtfertigt mit der Überlegenheit unserer und dem selbst zuerkannten Recht auf Lebenqualtiät und "medizinischen Fortschritt".

Solange es kein Tierrecht gibt und keinen grundlegenden Paradigmenwechsel, zählt das Leben eines Tieres weniger als das Leben einer unbefruchteten, nachweislich absolut empfindungslosen menschlichen Eizelle im Reagenzglas.
Denn für diese Eizelle gibt es umfassende, geradezu akribisch ausgearbeitete Gesetze, die dieses potentielle menschliche Leben schützen.

Auch wenn heute Descartes' Theorie widerlegt ist, nimmt man Tierquälerei für die Forschung, den eigenen Komfort oder den Profit immer noch gewissenlos in Kauf.
Wie Mahadma Gandhi sagte: "Tierversuche sind das schwärzeste Verbrechen der Menschheit."